„Was ist Männlichkeit?“ Eine endgültige Antwort

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(c) hans van den berg:  men  (CC BY 2.0)

Männlichkeit: Was dieser Begriff eigentlich bedeuten soll, das fragen sich nicht nur Jungen und Jugendliche, sondern auch erwachsene Männer. Einer davon ist unser Autor Dominik. Mit seinem neuen Text versucht er, der leidigen Diskussion ein Ende zu setzen.

Es liegt in der Natur großer Fragen, dass man nur schwer wirklich gute Antworten auf sie findet. Sobald man zum Wesensgrund eines solch komplexen Gegenstandes vordringen will und sich beispielsweise fragt, was Wahrheit, was Liebe, was und wer und ob #keinplan überhaupt Gott ist, werden die Antworten ganz schnell sehr unbefriedigend. Natürlich kann man sagen, dass der Satz „Ich existiere“, wahr ist, dass wir uns alle, auf die eine oder andere Weise, schon einmal verliebt haben und dass sich viele Menschen sehr sicher im Bezug auf eine Kraft sind, die größer ist als sie und alles hier. Und dennoch bringen einen all diese Antwortversuche keine wirkliche Gewissheit. Man hat das Gefühl, den Geschmack von Honig mit dem Zählen aller Bienen erklären zu wollen.

Ganz ähnlich scheint es sich zunächst auch mit der Frage: „Was ist Männlichkeit?“ zu verhalten. Weite Teile der Werbe- und Filmindustrie z.B. vermitteln ein Bild vom starken, souveränen Macher. Von jemandem, der so viele Muskeln hat, dass er andere problemlos durch die Luft werfen kann (wichtiger noch: dies scheinbar auch darf) und der höchstens ironisch, eigentlich aber niemals weint.

Hört man sich dann jedoch einmal im persönlichen Umfeld zu der Frage um, kommt man schnell auf ganz andere Punkte zu sprechen. Wenigen ist es wirklich wichtig, dass ihr Partner oder der beste Buddy sie durch die Gegend werfen kann. Wenige bestehen darauf, dass der beste Freund eine Person nicht zu brechender Souveränität ist. Dafür scheinen Fähigkeiten wie gutes Zuhören, Einfühlungsvermögen, Humor und Geselligkeit eine Rolle zu spielen. Was ist also das, was wir Männlichkeit nennen, wo es so viele verschiedene Faktoren gibt, die sie auszumachen scheinen?

Obwohl die Frage nach dem Wesen der Männlichkeit wie oben angedeutet zunächst aussehen mag wie eine jener Fragen, die ihren philosophischen Charakter und ihre Größe maßgeblich durch ihre Unbeantwortbarkeit erhalten, glaube ich, dass es sich mit dieser Frage grundlegend anders verhält. Die Frage nach Männlichkeit steht nicht in einer Reihe mit den bedeutenden begriffstheoretischen Fragen der Menschheitsgeschichte, sondern ist verwandt mit Fragen wie: Was ist das nur für 1 Life? Darf man Rabadaba Ding Ding Dong? Sollten die USA den Todesstern bauen? Fragen also, die zwar ebenso schwer, vielleicht sogar unmöglich zu beantworten sind, dies jedoch aus einem ganz anderen Grund: sie sind, so wie sie gestellt werden, schlicht unsinnig.

Die Art und Weise, wie wir heute nach dem Bild und somit nach der Männlichkeit an sich fragen, hat zwei grundlegende Probleme. Wir fragen nämlich eigentlich nicht, was Männlichkeit heute ist, sondern was sie sein sollte. Das Konzept der Männlichkeit wird nicht als ein beschreibendes, sondern als ein vorschreibenden verstanden. Hier liegt auch der Grund, warum so viele Jungen, junge Männer und auch Männer (machen wir uns da keine Illusionen) ein so großes Identifikationsproblem haben. Man kann sich angesichts all der Anforderungen, die von der Männlichkeit gestellt werden, nicht komplett fühlen. Kein Mensch erfüllt im wirklichen Leben das Ideal eines muskelbepackten Zuhörers, der, während er als Kunstinteressierter den Feuilleton lesend, den Müll rausbringt und auf dem Weg nach oben noch Rosen kauft. Was nach einer Frage aussieht, und sich auch gerne als solche verstanden weiß, ist eigentlich eine Vorschrift.

Das andere Problem, das sich bei dem Fragen nach Männlichkeit ergibt, ist die Unsinnigkeit der Trennung von der Frage, was Weiblichkeit ist. Es ist ein Irrglaube, dass man die Rolle des einen ohne den Kontext des anderen verstehen könnte. Ändert sich eines, ist auch das andere betroffen. Die Konsequenz aus der Frage nach Männlichkeit muss also auch die Frage nach Weiblichkeit und somit die Frage nach der Berechtigung der Gendergrenze überhaupt sein. Auf diese Frage ist glaube ich eine sehr gute und einfache Antwort zu geben: Die Gendergrenze ist unsinnig.

Wer nach Gender fragt, fragt im Grunde nicht, sondern will Zuschreibungen machen. „Heidi Klums Sixpack! Ist das noch weiblich?“, ist keine Frage, sondern eine Äußerung mit unterschwelliger Wertung. Es gäbe unzählige Beispiele, die in eine ganz ähnliche Richtung gehen.

Lassen wir also die Frage nach Männlichkeit und Gender fahren und konzentrieren uns auf eine wirkliche Frage ohne vorschreibende Implikationen, die im Bestfall auch tatsächlich etwas hilft. Vielleicht sollten wir also nicht mehr über den idealen Mann und die perfekte Frau sprechen, sondern das anstreben, was uns zu glücklichen und guten Menschen macht. Ein guter Mensch wäre dann z.B. ein solcher, der die eigene Meinung zwar wertschätzt, sie souverän vertritt und hinter ihr steht, der jedoch auch anderen zuhört und deren Standpunkte ebenso in die Findung des eigenen miteinbezieht. Und glücklich, so könnte man sagen, ist diejenige Person, die mit ihrer physischen Erscheinung so zufrieden ist, dass sie erfolgreich durch den Tag und im Bestfall durchs Leben kommt.

Vielleicht sollten wir also wirklich den nötigen Mut aufbringen und die Grenze, die Gender in den Köpfen einzieht, überwinden, um zum dahinterliegenden freien Feld des guten und glücklichen Menschen zu kommen, an den es zwei Fragen gibt, die ohne einheitliche Erwartung gestellt werden und an denen eventuell wirklich eine bessere und glücklichere Gemeinschaft von Menschen erwachsen kann:

Was macht dich glücklich?

Was macht dich gut?

Mehr dazu:

Ich glaube, dass das Hineindenken in die Standpunkte anderer eine der wichtigsten Fähigkeiten ist, die wir heutzutage haben können. Warum ich also hier bin? Um mein Weltbild nicht auf Halbwissen und Vorurteilen, sondern Meinungen und verschiedenen Perspektiven zu gründen.