Was ist eigentlich Tone Policing?

Bildschirmfoto 2020-03-02 um 17.17.09

„Tone Policing“ – hast du davon schon einmal gehört? Falls nicht, dann ist dieser Text für dich! Und falls ja, dann ist dieser Text ebenfalls für dich 🙂 Svenja Gräfen hat uns eine kleine Begriffserklärung geschrieben.

Wir alle wissen, dass Diskussionen nicht immer harmonisch ablaufen. Egal ob mit Freund*innen, Familienmitgliedern, Kolleg*innen oder anonym im Netz – besonders wenn es um Themen wie Sexismus, Queerfeindlichkeit, Rassismus oder auch den Klimawandel geht, kann es ganz schön schnell brenzlig werden. Brenzlig im Sinne von laut und emotional.

Vielleicht wurde euch in einer Diskussion auch schon einmal vorgeworfen, dass ihr zu laut, zu emotional, zu aggressiv seid? „Lass uns doch reden wie Erwachsene!“, „Das bringt ja nichts, wenn du so hysterisch wirst!“, „Theoretisch bin ich ja auf deiner Seite, aber jammer doch nicht immer gleich so rum!“ oder „Kannst du das nicht ein bisschen freundlicher formulieren?“ sind nur einige Beispiele aus der langen Liste des sogenannten Tone Policings.

Tone Policing bedeutet, dass von dir verlangt wird, dich von den Emotionen, die du in Bezug auf ein bestimmtes Thema hast, zu distanzieren. Dir wird vermittelt, dass man dir erst dann zuhören wird, wenn du dich auf eine bestimmte Art und Weise äußerst.

Die Sache ist aber die: Wenn es um Themen wie etwa Diskriminierung oder Gewalt geht, dann sind Gefühle wie Wut oder Angst fast automatisch ein wichtiger Teil der Diskussion! Das ist, worum es geht, wenn du beispielsweise von eigenen Erfahrungen berichtest.

Das Ganze hat mit Macht zu tun. Die Person, die Tone Policing betreibt, ob jetzt bewusst oder unbewusst, schnappt sich dadurch die Kontrolle über das Gespräch. So geht es plötzlich gar nicht mehr um den eigentlichen Inhalt, sondern um den Ton. Es kann auch ein Abwehrmechanismus sein, eine Verteidigungshaltung nach dem Motto: „So, ich soll mich jetzt hier mit Feminismus beschäftigen? Dann sollen die Feminist*innen erstmal ein bisschen netter zu mir sein!“

Nicht falsch verstehen: Ich bin nicht dafür, sich nur noch gegenseitig anzubrüllen – ein respektvoller Umgang miteinander ist mir sogar sehr wichtig. Aber es ist eben leider nicht immer alles kuschlig. Nicht über jedes Thema lässt sich mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht sprechen. Und es kann dir niemand vorschreiben, wie du zum Beispiel von Erfahrungen, die du gemacht hast, berichtest. Außerdem ist es durchaus möglich, gleichzeitig emotional und auch vernünftig zu sein 😉

Wenn du dich jetzt fragst, was du tun kannst, um nicht selbst Tone Policing zu betreiben, habe ich hier ein paar Tipps für dich:

  1. Akzeptieren, dass man dich nicht immer in Watte packen und es dir möglichst angenehm machen muss, wenn man dir von bestimmten Erfahrungen berichtet.
  2. Deinem Gegenüber wirklich zuhören und sie*ihn ernstnehmen.
  3. Wenn du dir denkst: „Uff, das ist mir zu scharf formuliert, zu spitz, zu aggressiv, zu emotional“ – mache dir bewusst, dass sich das nicht gegen dich Die Emotionalität hat in den allerwenigsten Fällen mit dir zu tun.
  4. Inhalt vor Ton! Konzentriere dich darauf, worum es auf inhaltlicher Ebene geht, und versuche, den Fokus der Diskussion darauf zu lenken.

Falls du dir Sorgen machst, womöglich schon einmal Tone Policing betrieben zu haben – einmal tief durchatmen, alles okay! Ich hab das auch schon getan. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht alle dazulernen und es in Zukunft besser machen können!

Mehr dazu:

Ich bin Svenja und arbeite als freie Autorin.