Tja, wann ist denn nun ein Mann ein Mann? Habt ihr euch diese Frage auch schon mal gestellt? Und was hat das mit dem eigenen Selbstwert zu tun? Unser Autor Tom berichtet, dass er sich in seiner Jugend oft damit beschäftigt hat. Inzwischen aber weiß er: „Egal ob ich mich männlich fühle oder nicht, egal ob mich mein Umfeld als männlich wahrnimmt und anerkennt oder nicht: Ich darf „du bist gut, wie du bist“, zu mir sagen. Ich muss das niemandem auf der Welt beweisen. Ich muss es mir nur selbst glauben.“ Wir wünschen euch viel Spaß mit Toms neuem Text.
Wann ist ein Mann ein Mann? – Das fragten sich auch Shanli Anwar und Till Opitz vom Deutschlandfunk Nova Podcast „Eine Stunde Liebe“ auf dem diesjährigen Podcastfestival in Hamburg. Ihre Gäste: Männercoach John Aigner, der über ein „Männercamp“ und private Anfragen von Männern zum Mentor für Männern wurde, denen das soziale Correctiv in ihrer männlichen Peergroup fehlt. Und Jungensozialarbeiter Rick Reuther, der unter anderem in Wien Workshops in Schulen mit Teenagern durchführt. „In den 70ern und 80ern haben überwiegend Frauen aus der feministischen Mädchenarbeit mit Mädchen zu emanzipativen Themen, mehr Selbstbewusstsein und Sexualaufklärungen gearbeitet, und die Jungs wurden Fußballspielen geschickt“, sagt er über die Anfänge der geschlechtsspezifischen Mädchenarbeit. Heute arbeitet er überwiegend mit Akteur:innen aus der Frauen- und Mädchenarbeit zusammen.
„Irgendwann dachten sich dann Leute: Hey, vielleicht kann man auch mit Jungs mal über Sachen reden, die ein bisschen sensibel sind und die man vielleicht besser bereden kann, wenn man nicht das Gefühl hat, die ganze Zeit performen zu müssen.“
Während es bei Jungenarbeit in erster Linie um den Abbau von Gewalt geht, sind die Themen der Männerrunden von John Aigner oft tiefere Gespräche und Identitätsfragen. Ziel vieler Männer ist es anfangs, eine klare Struktur zu bekommen, wie Männer sein sollen und was sie dürfen oder auch nicht. „Bin ich richtig, bin ich gut genug?“
Auch ich wollte damals im Zuge meines Erwachsenwerdens ein klares Bild, an das ich mich richten kann. Vorbilder, Merkmale und Eigenschaften, auch um Frauen zu beeindrucken. Mich anzupassen scheint mir zu dieser Zeit einfacher, als mich selbst zu finden, zu erkennen und kennenzulernen. Mir selbst bewusst, wer ich bin und wer ich sein will, bin ich mir wenig. Doch männliche Vorbilder finde ich nicht. Stattdessen überwiegen Frauen in allen Bereichen meines Lebens. Mein Sandkastenfreund war eine Sandkastenfreundin, mein Lieblingslehrer eine Lieblingslehrerin und meine besten Freunde aus der Schulzeit zwei beste Freundinnen.
Durch das Vertrauen von Frauen habe ich verstanden, dass ich als Mann nicht einem traditionell etablierten Männerbild entsprechen muss. Das ich nicht der starke Macker sein muss, um gesehen zu werden. Dass ich nicht mit Männern abhängen muss, um Frauen kennenzulernen und dass ich nicht meine Gefühle unterdrücken muss, um als Mann wahrgenommen zu werden.
Von Frauen über sein „Mannsein“ lernen zu dürfen ist ein Privileg und es ist nicht ihre Aufgabe, uns Jungs und Männer zu weniger frauenverachtenden Jungs und Männern zu erziehen. Es ist überhaupt nicht ihre von Geburt an gegebene Aufgabe zu erziehen. Wie wir uns verhalten und leben, hat aber Auswirkungen auf das Leben von Frauen. Deswegen halte ich es in einer männerdominierten Gesellschaft für notwendig, dass Jungs und Männer Jungs und Männer zu weniger frauenverachtenden Jungs und Männern machen und miteinander sprechen. Wir wachsen damit auf, Jungs und Männern mehr zuzuhören, sagt Jungensozialarbeiter Rick Reuther. Wichtig für ihn ist aber auch, heranwachsenden Jungs die Botschaft auf dem Weg zu geben „mal auf Frauen zu hören. Hört mal Frauen zu, wenn sie von Erfahrungen erzählen, was ihnen auf der Straße passiert, was sie von Beziehungen erzählen. Hört mal Frauen zu und glaubt ihnen.“
“Vielleicht braucht es einen Typen, der das anderen Typen sagt, damit Typen damit überhaupt anfangen.” – Rick Reuther.
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