TW: Sexuelle Gewalt. In ihrem neuen Text „Mädchen sein“ beschreibt Sara sehr eindrücklich das Erleben von sexueller Gewalt. Die Zeit zwischen dem Verlassen der Bar und der Tat im Wald ist kurz, die Zeit danach ist lang und irgendwie, versucht sie Mädchen zu bleiben.
Grüne, hungrige Augen,
Beine, die sich unter dem Tisch berühren.
Ein leichter und doch bemerkbarer Hauch.
Mein Kopf er dreht sich.
Ich habe zu viel getrunken.
Seine Hand berührt meine,
es ist unschuldig, oder?
Um 1 Uhr folgte der Rausschmiss.
Urteil der Bar: minderjährig.
Er ist es nicht, natürlich nicht.
Er ist sehr leise geworden.
Eigentlich ist er mir egal,
ich weiß gar nicht, wer er ist.
Eine Hand auf meiner Brust.
Ignorieren, dann geht es weg.
Vielleicht verschwindet er mit seiner Hand.
Vorne ist ein Wald
und ich lege mich auf den Boden.
Die Blätter rascheln sanft neben mir
und ich fühle mich frei.
Plötzlich spüre ich einen Kuss.
Sein Kopf knallt gegen meinen,
er entschuldigt sind nicht.
Stattdessen verlangt er mehr Zunge.
Ich tue, was er sagt,
viel nehme ich nicht mehr wahr.
Die Zeit bleibt stehen,
ist es immer noch zwölf oder doch schon drei?
Seine Hüften bewegen sich auf meinen
und er öffnet seinen Gürtel.
Bitte nicht.
Bitte kein Küssen und kein Anfassen
und vor allem bitte kein Sex.
Ich sage, dass es blutig ist
zwischen meinen Beinen.
Die einzige Ausrede, die zählt.
Mein „nein“ wäre nicht genug.
Wo bin ich eigentlich?
Wo ist mein zuhause?
Meine Hüllen sie fallen
und ich fasse den Teil von ihm an,
den er den ganzen Abend schon
in meinen Händen sehen wollte.
Der Geschmack in meinem Mund ist bitter,
aber ich schlucke runter und fange an.
Alles ist leer,
die Blätter neben mir hören auf zu rascheln.
Eigentlich höre ich gar nichts mehr.
Eigentlich sehe ich gar nichts mehr.
Eigentlich fühle ich gar nichts mehr.
Aber ich mache weiter.
Das macht man doch so, oder?
Mädchen sein
und Mädchen bleiben.
Und so schaue ich ihn an mit großen Augen,
während er seinen Teil beendet.
Und mich zurücklässt,
zwischen den raschelnden Blättern.
