„Rock’n’Roll never dies” — Wie Måneskin die Welt begeistert.

amelie

Amelie schreibt ein Loblied auf die italienische Band Måneskin und argumentiert gegen die Queerbaiting-Vorwürfe gegen sie.

Sie begannen als Straßenmusikant*innen, nun sind sie weltweit bekannt. Die Band Måneskin liegt aktuell in aller Munde. Dahinter stecken die vier jungen, talentierten und sympathischen Italiener*innen Damiano David, Victoria De Angelis, Thomas Raggi und Ethan Torchio. Zusammen machen sie, mittlerweile auch relativ erfolgreich, italienischen und englischen Rock.

Klarer Auslöser des plötzlichen Hypes war der Eurovision Song Contest 2021. Für ihren rebellischen Song „ZITTI E BUENI“ (zu deutsch: Sei still und benimm dich) erhielten sie viel Zuspruch vom Publikum. Genau genommen so viel Zuspruch, dass sie schlussendlich vor allem durch die Publikumsstimmen mit 524 Punkten gegen die Juryfavoriten Frankreich und Schweiz gewannen. Quasi über Nacht wurde halb Europa zum Måneskinfan.

Wie jedes größere Internetphänomen, waren auch die vier italienischen Rocker*innen schon wenig später großes Thema auf der Videoplattform TikTok. Vor allem die Ästhetik und das Talent der Band bewegte viele User*innen dazu unter anderem die Musik weiterzuverbreiten. In verschieden TikTok Trends manifestierte sich das vermehrte Interesse. Dies sorgte für ein radikales Ausweiten ihrer Fanbase und mehre Chartplatzierungen zum Beispiel für den Song „I WANNA BE YOUR SLAVE“ und ein älteres Cover des Songs „beggin“.

Es ist nicht zu leugnen, dass Måneskin nicht alleine durch ihre Musik die Massen begeistert. Damiano, Victoria, Thomas und Ethan sind stets stylisch und ein wenig extravagant gekleidet, liefern auf der Bühne energiegeladene Performances und haben einen fast schon künstlerischen Instagram Auftritt. Das in Kombination mit ihrer bodenständigen und ehrlichen Art, wirkte geradezu magnetisch auf die neues Fans.

Auch die politische Einstellung Måneskins wirkte unterstützend auf die gewonnene Reichweite. Sie verfolgen das Ziel Vorurteile aus dem Weg zu räumen und Geschlechterrollen zu brechen. So sieht man alle häufig geschminkt und mit Nagellack. Zwischendurch ist auch mal das ein oder andere Kleid und Korsett oder auch ein Rock in der Garderobe zu finden. Victoria hingegen sieht man auch im Anzug oder häufig oberkörperfrei. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem der Aufruf zur Selbstverwirklichung fern von Geschlechterrollen, welchen sie auch immer wieder in Interviews hervorheben.

Bei einem Festivalsauftritt letztes Jahr in Polen gingen sie sogar noch einen Schritt weiter. Um gegen die queerfeindliche Regierung und die kürzlich eingeführte LGBTQ+ freie Zone ein Zeichen zu setzen, küsste Frontmann Damiano kurzerhand den Gitarristen Thomas. Darauf folgte er mit dem Statement: „We think that everyone should be allowed to do this without any fear. We think that everyone should be completely free to be whoever the fuck they want. Thank you Poland, LOVE IS NEVER WRONG!“

Das Engagement für Freiheit und Selbstbestimmung basiert auch auf eigenen negativen Erfahrungen. In ihrem sehr konservativen, von der katholischen Kirche geprägten Heimatland Italien mussten sie schon häufiger für ihr Auftreten, aber auch für ihre Musik Anfeindungen und Kritik über sich ergehen lassen. Vermehrt war das auch bei ihrer Teilnahme an dem Sanremo Music Festival der Fall. Das größte Musikfestival Italiens fungiert gleichzeitig als Vorentscheid zur Teilnahme am ESC und ist immer noch eher traditionell geprägt. Ihr rebellischer Song und extravaganter Kleidungsstyle erzürnte viele Zuschauende. Die Welle an Kritik hinderte sie jedoch nicht daran, ihre Gegner*innen eines Besseren zu belehren. Sie gewannen das Sanremo Festival, den ESC und viele neue Fans.

Nicht außer Acht zu lassen ist auch das junge Alter, indem die Gruppe diesem Erfolg erzielt hat. Damiano ist als ältester der Gruppe dieses Jahr gerade 23 geworden und Thomas ist sogar erst 21. Måneskin gründete sich schon am Ende der Schulzeit der Mitglieder. Die Freunde, die sich schon auf verschiedenen anderen Bands kannten, beschlossen nun auch zusammen Musik zu machen. Ethan kam als einziger später dazu, als sie in einer Facebookgruppe nach einem Schlagzeuger suchten. Sie begannen auf der Straße zu spielen, um die Aufmerksamkeit der Passierenden kämpfend.

Danach ging die Reise weiter zu der italienischen Version von X Faktor. Dort findet auch ihr Name „Måneskin“ seinen Ursprung. Hierbei handelt es sich auch um das dänische Wort für Mondschein. Dänisch deshalb, weil Victoria halb dänisch ist und auf der Suche nach einem Namen verschiedene dänische Wörter nannte.

Das å in Måneskin wird übrigens wie ein o gesprochen. Ein Fakt welcher gerne ignoriert wird, wodurch es häufig zu Misinterpretation wie “Maneskin” oder “Mäneskine” kommt. Bei X Faktor belegten sie den zweiten Platz und begannen daraufhin ihr erstes richtiges Album „Il ballo della vida“ zu produzieren. In Italien war das schon ein voller Erfolg, für den Rest der Welt war die Musik bis zum ESC jedoch eher schwer zugänglich.

Mittlerweile ist ihre Fanbase um einiges größer. Trotzdem gibt es auch vereinzelt Kritik aus den Reihen der LGBTQ+ Community. Es wird ihre Authentizität angezweifelt. Queerbaiting lautet einer dieser Vorwürfe. Unter Queerbaiting versteht mensch das Aneignen von queerer Kultur (zum Beispiel Kleidungsstyle) für den eigenen Profit. Gleichzeitig gibt es keinen ernstzunehmenden Aktivismus zugunsten der LGBTQ+ Community.

Natürlich darf bei diesem Thema jede*r dessen eigene Meinung haben, ich persönlich erachte diese Vorwürfe jedoch als sinnbefreit. Zum einen sind sowohl Victoria (bisexuell) als auch Ethan (sexualitätenfrei/ nicht gelabelt) nicht heterosexuell. Außerdem weisen sie auch selbst darauf hin, dass sie natürlich nicht die perfekten Aktivist*innen sein können. In erster Linie werden sie immer Musiker*innen bleiben. Trotzdem versuchen sie mit verschiedenen Aktionen wie z.B. in Polen Aufmerksamkeit auf Probleme zu lenken.

Måneskin ist eine Band, die der Musiklandschaft gefehlt hat. Am Puls der Zeit begeistern sie mit Fashion fern von Geschlechterrollen und Rockmusik. Dazu sind die erfrischend ehrlich und nahbar. Sowohl in Europa als auch der USA haben sie sich eine große Fanbase aufgebaut und sind auch auf vielen Festivals zu finden. Gerade in der USA haben sich so für sie neue Chancen ergeben. Zum Beispiel konnten sie für den Soundtrack des neuen Elvis Films einen Song beigesteuern. Trotz größerer Reichweite scheuen sie sich nicht zu politischen Statements. In Reaktion auf den Krieg in der Ukraine produzierten sie den Song “Gasoline”, welcher sich ganz klar gegen Putin richtet. Diesen spielten sie auch auf dem Coachella Festival, welches zu den größten Musikfestivals weltweit gilt.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass der Erfolg von Måneskin vorerst nicht abreißt. Wer jetzt aufmerksam geworden ist, denen empfehle ich in das aktuelle Album “Teatro d‘Ira” reinzuhören und wünsche viel Spaß.

Hey, ich bin Amelie [they/them] und möchte vor allem hier um meine Gedanken zum Queersein, der Welt und eigentlich allem anderen teilen. Seit dem Tag an dem ich das Schreiben gelernt habe, nutze ich dieses Mittel um meine Gedanken auszudrücken. Manchmal kommt etwas Brauchbares dabei raus, das könnt ihr dann hier lesen :)