Ich-Geschlecht

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(c) x1klima:  shoes and wall  (CC BY-ND 2.0)

„Du bist doch ein Mädchen, warum…“ Wenn Menschen in Rollenklischees denken, dann kann das sehr einschränkend sein. Wie sich Mare von Stereotypen und Klischees befreit, lest ihr hier.

Es sind die kleinen Dinge, die einen runterziehen. Von „komm, ich muss doch ein Gentleman sein, ich trag‘ dir die Tasche“ über das Ego, das verletzt wird, wenn man sagt „das gebe ich mal heute dir aus“, zu Aussagen wie „Aber du bist doch ein Mädchen, warum möchtest du da kein Kleid tragen?“.

Und in diesen Momenten legt sich ein dunkler Schleier um mich und wischt aus meinem Gesicht alles, was sich ich nennt und dann bin ich nicht mehr alle meine Träume, Hoffnungen und Ängste und nicht mehr meine Vorlieben und Fähigkeiten oder meine Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, sondern ich bin nur noch mein Geschlecht, nur noch Vagina. Vagina und Brüste und Östrogen und „Du bist doch ein Mädchen, mit uns shoppen zu gehen muss dir doch Spaß machen“ und ich gucke sie böse an, denn ihr dunkler Schleier nimmt mit die Luft zum Atmen.

Da nehme ich einen Lappen und wische mein Geschlecht weg.
Sie gucken geschockt, doch ich bin noch lange nicht fertig.

Ich reiße mir die Kleidung vom Leib, denn auch das lenkt vom Ich ab und dann wische ich mit dem Lappen über meine Haut, so dass meine Hautfarbe verschwindet und ich fahre damit über mein Gesicht, so lange, bis nichts mehr zu erkennen ist, und was übrig bleibt, ist – Ich.

Einige wenden sich geschockt oder sich ekelnd ab, denn sie haben noch nie ein unmaskiertes Ich, anderen gefällt das, was sie sehen, nicht, teilweise auch, weil sie dachten, mein Ich müsste ganz anders aussehen.

Doch dann, dann gibt es die, die erkennen mich. Und sie mögen, was sie sehen.

Sie treten auf mich zu und nehmen meine Hand mit dem Lappen. Und so stehen wir da eine ganze Weile und allmählich, ganz allmählich und langsam nehmen sie den Lappen und waschen all den Dreck von sich weg.

Und so sehen wir uns dann an, nackt, entblößt, und finden uns schön.

Mare

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One Comment

  1. Wunderschön beschrieben. Genauso empfinde ich auch. Liebe Grüße.