Wir freuen uns, eine*n neue*n Autor*in auf meinTestgelände willkommen zu heißen! Begrüßt mit uns sabylonica! sabylonica sagt: „Ich bin lediglich auf der Suche nach meinem reinen Sein und möchte den öffentlichen Raum als Plattform für die Tiefen meiner unentdeckten (Sehn-)Süchte nutzen und sie mit euch teilen.“ Wir freuen uns darauf! Hier kommt auch schon der erste Text.
Ein Ornament angefertigt aus gesellschaftlichen Ängsten obsessiver Verdrängung durch Dysphemismus.
Meinem Sein werden mit Anbeginn des Bewusstseins über mich die ersten Steine in den Weg gelegt. Auf meinem Pfad liegen dutzende große, wie auch kleinere, die nicht dem Ausmaß der größeren gleicht, aber genauso an Bedeutung hat, Steine. Noch bevor ich das Licht erblickte wurden viel zu viele Steine gelegt. Und eben durch diese Steine wurde mir das Licht des Lebens entraubt und ich erblicke geradewegs die Steine, die mich aufhalten den Weg gar zu betreten, und kann lediglich die Schatten meiner Steine sehen. Die Schatten, die ich sehe, sind die Reflexion und meine Gedanken, wie auch meine Gefühle zugleich. Ich sehe sie und weiß sie als Ressource nutzen zu können, ich reflektiere und weiß oftmals sogar wie der einzelne Stein liegt, sodass ich ihn aus meinem Weg entfernen könnte, aber ich entferne ihn nicht. Warum? Kann ich nicht genau sagen, vielleicht aus Angst, Mutlosigkeit, Kraftlosigkeit oder wegen etwas anderem, aber ich kann ihn nicht entfernen. All die Steine liegen so dornenreich und sind unter großem Druck auf meinem Pfad und meinem Licht des Lebens. Mir scheint die Vorstellung den Weg sehen zu können reine Illusion zu sein, weil die Vorstellung an die Grenze der gesetzten Logik endet. Nur ein winziger Teil mündet ab und ich erlebe die Hoffnung, das Fernweh und die Sehnsucht. Ich weiß gar nicht, wie ich die Tatsache physikalisch erklären kann, aber metaphysisch ist die winzige Mündung weit über die Logik hinaussehen zu können größer und kräftiger als die in der Grenze geschlossene, große und kräftige Logik.
Die Grenze der gesetzten Logik sind die Steine und die Mündung sind die Schatten. Die Steine sind die Erwartungen der Gesellschaft an mir, wie ich aussehen, glauben, lieben und sein soll, wie sie sie für richtig halten. Die Steine prägten und prägen mich so stark, dass der Glaube fest ist, die Steine sind Teil meines Lebens und sie werden bis zu meinem letzten Atemzug bleiben, wer weiß, vielleicht auch danach. Eines dieser Steine ist das Geschlecht, welches mir vorgeschrieben, -gelebt und -gezeigt wird. Schon bevor ich das Lebens Licht erblicken konnte, hat die Gesellschaft klare Vorstellungen, wie ich mich zu identifizieren habe. Was dabei absurd ist, sie wissen noch nicht einmal selbst, ob ich im Mutterleib weiblich oder männlich bin, aber sie haben eine reine Vorstellung davon, dass ich mich darüber definieren müsse, was nun zu meinem Körper zuzuordnen ist. Dabei definiert die Gesellschaft das Geschlecht nach männlichen oder weiblichen Merkmalen, was ich als Einzelperson nun denke oder empfinde wird als überschätzt und gar als Phase angesehen. Mir brennt die Seele aus der Brust mir vorscheiben zu lassen, wer ich bin und ob ich nun Frau* oder Mann* bin. Als infantiles Wesen, hilflos wie sie uns bekannt sind, wurde mir ein Geschlecht aufgezwungen, worüber ich noch nicht einmal im Klaren war, welche Rolle diese in der Gesellschaft spielt, aber mir wurde schnell klar, ich müsste das patriarchale Spiel struktureller Hierarchien mitspielen. Was dabei komplett paradox war? Egal ob das Individuum als gelesene Frau* oder als gelesenen Mann* spielte, sie* oder er* war immer die Verliererin* oder der Verlierer*. Bei diesem Spiel sind Gewinner*innen kaum da. Wobei eine Menge an Männern* des Öfteren als Gewinner* spielten und Privilegien ausnutzten. Aber sind wir mal ehrlich, auch sie, vor allem sie, sind Opfer und Verlierer* des Spieles. Warum? Weil ihnen das eigentliche Leben vorenthalten wurde und sie die freie Entscheidung der Selbstfindung nicht hatten. Aber nichts desto trotz sind sie mit bewusster Entscheidung privilegierte Verfechter* gewesen, die zu dem Sexismus beitrugen.
Nun, die Schatten sind meine Gedanken und Gefühle, die mir einleuchten, dass die Erwartungen der Gesellschaft nicht richtig sind. Ich bin ein kleiner, hinsichtlich der Galaxie betrachtet, unbedeutender Mensch, aber ein Mensch mit Würde und Selbstbestimmung. Die ethische Fragestellung, was nun ist falsch oder richtig ist eine komplexe Denkweise mit metaphysischer Tiefsinnigkeit. Aber ich habe so viel Größe und Bedeutsamkeit, dass ich selbst darüber richte, ob ich nun richtig oder falsch handle oder ob ich nun richtig oder falsch bin. Und über diese Richtigkeit will ich niemandem die Macht geben darüber urteilen zu können, ob ich richtig oder falsch bin. Denn nur ich entscheide selbst über mich, was richtig oder falsch ist.
Die Gesellschaft hat vergeblich reine Vorstellung von richtig und falsch und umkreist den Weg ihrer Odyssee. Was mir zu tun bleibt? Ich will Mündungen und den Kreis auflösen.
Mehr dazu:
- Spannende Texte zum Thema Identität findet ihr hier.