#closethegap

Noah

Heute begrüßen wir mal wieder einen neuen Autor auf meinTestgelände: Herzlich Willkommen, Noah! Noah ist Architekturstudent und macht sich in seinem ersten Text Gedanken darüber, was das Thema Geschlecht mit seinem Berufsfeld zu tun hat. Was denkt ihr so, wie ist der Männer-und Frauenanteil im Architekturstudium? Und wie in den Büros und in der Branche?

Ich studiere Architektur. Bevor ich mein Studium begonnen habe habe ich mir bereits Gedanken gemacht wie wohl der Frauen- bzw. Männeranteil im Studium sein wird und ich muss zugeben, dass ich tatsächlich überrascht war, als ich gemerkt habe, dass es sehr ausgeglichen ist. Das bestätigt auch das Internet, 52,6% Frauen und 47,4% Männer studieren aktuell Architektur. Warum es mich überrascht hat und was ich anderes erwartet habe, kann ich heute gar nicht mehr wirklich sagen.

Denkt man an die klassischen Klischees könnte man meinen, dass es ein kreatives Studium ist, was bei Frauen beliebt sein könnte, genauso könnte aber auch argumentieren werden, dass das Bauhauptgewerbe bestimmt von Männern geprägt ist.
Der erste Teil der Klischees wird direkt bekräftigt dadurch, dass beim Studiengang Innenarchitektur, der als noch kreativer und künstlerischer gilt der Frauenanteil im Studiengang bei 87% liegt.

Ich habe nun weiter recherchiert und aktuelle Zahlen gesucht und gefunden, dass der Anteil der Architekten in Deutschland bei 66,6% liegt und Architektinnen sind gerade mal 33,4%. Auch die Innenarchitektinnen sind gegenüber den Innenarchitekten nur noch etwa 60%. Was für ein Unterschied zu den Studierendenanteilen. Geht man noch weiter und guckt nach berühmten Büros und ArchitektInnen findet man fast nur noch Männernamen. Jedoch sind solche Phänomene ja auch bei anderen Berufsrichtungen regelmäßig zu beobachten: rund zwei Drittel der Medizinstudierenden sind Frauen, jedoch nur 47% der Ärzte und Ärztinnen.

Ich habe mich gefragt: Was hat Geschlecht mit meinem Studium und meinem späteren Beruf zu tun? Warum studieren nicht auch mehr Männer Innenarchitektur? Warum sind berühmte ArchitektInnen meistens Männer obwohl mehr Frauen den Studiengang belegen?

Mir persönlich macht auch die Innenarchitektur viel Spaß, schon bei Sims war neben dem Hausbau das Beste die Innenräume zu gestalten, Möbel zu platzieren, etc. Aber bin ich deshalb weniger männlich? Ist die Frage welche Farben und Materialien zueinander passen und miteinander harmonieren eine Frage die angeblich nur Frauen beantworten können? Oder werden viele junge Männer schon davon abgeschreckt, dass sie im Vorhinein die Zahlen sehen und sich gar nicht trauen als Mann dieses Fach zu studieren? Auch im direkten Vergleich zum Architekturstudiengang ist der Unterschied so groß und ich verstehe nicht warum das sein kann.

Mit der letzten Frage habe ich mich länger beschäftigt. Einerseits ist das Problem, dass der Anteil der Studentinnen deutlich größer ist als der Arbeiterinnen in dem Bereich, ein Problem, dass auch bei anderen Berufen auftritt. Wenn dann auch Kinder dazu kommen kommt oft kommt die Kinderzeit dazwischen, die zwar immer mehr auch von Männern wahrgenommen wird, jedoch oft noch von der Mutter, was vielen Arbeitnehmerinnen einen großen Nachteil bringt. Dazu kommt auch, dass die erste Frau mit Ingenieursdiplom im Bereich Architektur erst vor etwas mehr als 100 Jahren ihren Abschluss machen konnte.

Wenn ich mir bei meinen KommilitonInnen die Ergebnisse anschaue und vergleiche, kann ich von fehlendem Talent der Frauen absolut nicht reden, regelmäßig hole ich mir in sämtlichen Bereichen Tipps von Kommilitoninnen. Auch die Zahlen der Hochschule belegen, dass letztendlich nicht weniger Frauen als Männer ihren Abschluss machen.

Also ist es noch immer ein großes Problem, dass viele talentierte Frauen, mit guten Abschlüssen, letztendlich nicht die gleichen Chancen haben, wie viele Männer mit gleichen Vorraussetzungen.

Eine weitere Frage, die ich mir die ganze Zeit stelle ist, warum bei allen Statistiken und Angaben immer nur zwei Geschlechter genannt werden. Obwohl es in anderen Bereichen bereits m, w, und d gibt, finde ich hier immer nur die Aufteilung in Frauen und Männer.
Wahrscheinlich sind hier jedoch verlässliche Angaben zu mehr Geschlechtern nicht einfach anzugeben. Bei den meisten Statistiken lässt sich leicht in Mann und Frau unterscheiden, weil es so im Pass steht, außerdem ist ein Problem, dass viele Personen sich gar nicht anders in der Öffentlichkeit äußern und somit keine weiteren Geschlechter angegeben können. Trotzdem finde ich es schade, da es in der aktuellen Zeit, meiner Meinung nach, durchaus angebracht wäre nicht einfach nur in Mann / Frau zu unterscheiden, sondern weiter zu denken.

Mehr dazu:

Ich bin Noah, 22 Jahre alt und Student aus Erfurt, verfolge mein Testgelände schon seit langer Zeit und schreibe über verschiedenste Themen, wie Geschlechterfragen. Gerne recherchiere ich über Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt oder ähnliche Themen und lasse die Erkenntnisse in meine Beiträge einfließe.