Skispringen ist seit den ersten olympischen Winterspielen 1924 fester Bestandteil des Programms. Aber nur das der Männer. Frauen mussten fast 100 Jahre warten, bis sie 2014 das erste Mal um olympische Medaillen von der Schanze fliegen durften. Entschieden wurde dies lange Zeit ausschließlich von Männern, für die der Sport zu gefährlich, harte Arbeit auf dem Feld aber akzeptabel für Frauen war. Warum Sexismus im Sport noch lange nicht überwunden ist, erklären Aya und Medine von Was geht Almanya in ihrem neuen Text.
Wenn wir über Gleichberechtigung reden, denken viele an Gender-Pay-Gap. Sind Veränderungen also nur in dem Bereich erforderlich? Was den Sport anbetrifft, wurde der Sexismus längst nicht überwunden. Schon in der Vergangenheit durften Frauen sich an den Olympischen Spielen nicht beteiligen. Sport macht unfruchtbar, sagten sie. Doch haben sie das auch gesagt, als die Frauen den Haushalt mit Wasser aus dem oft weit entfernten Brunnen versorgt haben? Nein, sie haben geschwiegen. War es etwa nicht anstrengend? Doch, war es.
Uns wurden im Laufe der Geschichte immer wieder implausible Erklärungen geliefert. Erklärungen, die sich Männer ausgedacht haben. Beim Skispringen durften die Frauen nicht teilnehmen. Skispringen gefährdet die Gebärmutter, sagten sie. Doch haben sie das gesagt, als die Frauen auf den Feldern bis zur Erschöpfung gearbeitet haben? Nein, sie haben geschwiegen. War es etwa nicht anstrengend? Doch, war es.
Erst 1908 durften deutsche Frauen an den Olympischen Spielen teilnehmen.
Doch wurde das Problem damit gelöst? Nein, natürlich nicht.
Bei den Olympischen Spielen gibt es wieder die Trennung zwischen Athleten und Athletinnen. Und natürlich bewegt sich alles im binären System mit all den Zuschreibungen und Zuordnungen, die diese Vorstellungen mit sich bringen. Schwierig für Menschen, die sich als non-binär definieren und sich nicht einordnen lassen möchten – oder können.
In den meisten Fällen genießen die Männer die Vorteile solcher Trennungen.
Doch was gewinnen die männlichen Athleten dadurch? Sie sind sichtbarer, sie werden gefeiert. Und sie gelten als Maßstab sportlicher Leistungen. Denn wenn es ein starkes Geschlecht geben soll, muss es zwangsläufig auch ein schwaches Geschlecht geben.
Warum können Männer* und Frauen* nicht gemeinsam an Skispring-Wettbewerben teilnehmen, wenn die Leistungen gleich sind? Warum haben Männer* und Frauen* getrennte Wettbewerbe bei Freestyle-Areals, obwohl sie ähnliche / gleiche Sprünge machen? Wovor haben Männer Angst? Dass Frauen* ähnliche oder gar bessere Leistungen erbringen können? Offensichtlich ja. Denn das, was nicht sein darf, darf nicht sein. Es wird Zeit, dass der olympische Gedanke der Antike, der offensichtlich in Teilen noch in unserer Gegenwart weiterlebt, der Realität menschlicher Vielfalt gerecht wird. Je eher, umso besser.
Aya und Medine