Ciocia Wienia – Kriegsverbrechen, Vergewaltigung und das Abtreibungsverbot in Polen

Isa_Beitrag
Kevin Bückert

TW Sexualisierte Gewalt/Vergewaltigung

Vergewaltigung wird auch im aktuellen Krieg in der Ukraine von Soldaten als Mittel der Gewalt und Demütigung eingesetzt. Isa schreibt über die gewaltvolle Situation vieler Frauen auch nach der Flucht und stellt NGOs vor, bei denen die Frauen Hilfe bekommen.

Das Recht auf (sichere) Abtreibung ist eine der wichtigsten Errungenschaften des feministischen Kampfes im letzten Jahrhundert. Dass es nun – im Jahre 2022 wohlgemerkt – vermehrt Diskussionen über eine erneute Abschaffung des Abtreibungsrechts in manchen Ländern gibt, ist in vielerlei Hinsicht erzürnend. Die schockierenden Nachrichten über einen solchen Gesetzesentwurf in den USA haben die Diskussion neu entfacht. Doch auch in der Europäischen Union gibt es Mitgliedstaaten, deren Abtreibungspolitik seit Jahren zunehmend strenger wird.
Seit Jahren ist die immer strenger werdende „Pro-Life“ Einstellung im streng katholischen Land Polen im Zentrum der Kritik vonseiten der EU sowie der Frauen, die in dem Land leben. Jedes Jahr sterben Frauen mitunter daran, dass der bereits im Mutterleib verstorbene Fötus nicht aus dem entfernt wird, was zu tödlichen Blutinfektionen im Körper führt. Die LGBTQ+-feindliche Haltung der polnischen Regierung hat weiters dazu geführt, dass das Land in den letzten Jahren immer wieder von der EU sanktioniert wurde. Im Lichte der rezenten Geschehnisse in der Ukraine, offenbart die Abtreibungspolitik Polens eine weitere scheußliche Dimension:
Im Zuge des Angriffskrieges vonseiten Russlands auf die Ukraine hat sich Polen zu einem solidarischen Nachbarland und einer sicheren Auffangstation für Geflüchtete aus der Ukraine stilisiert. Die kritische Haltung gegenüber Polen schien vor allem in der Anfangsphase des Krieges fast wie weggeblasen. Doch schon bald kristallisieren sich die Schwierigkeiten der Geflüchteten in Polen heraus. Frauen und Kinder verschwinden an den Grenzübergängen. Neonazis und Hooligans aus der Gegend attackieren gezielt die Menschenströme, die nach Polen flüchten.
Neben der offensichtlich rassistischen Haltung der polnischen Regierung gegenüber Geflüchteten aus Afghanistan oder Syrien, die seit Monaten an der Grenze zwischen Polen und Belarus ausharren müssen, stehen die ukrainischen Geflüchteten, die es beim Grenzübertritt durchaus einfacher haben, vor einem anderen Problem.

Frauen, die in der Ukraine durch Vergewaltigung schwanger wurden, haben in Polen keine Möglichkeit, eine Abtreibung durchführen zu lassen. Während es in der Ukraine legal ist, bis zur 12. Schwangerschaftswoche eine Abtreibung durchzuführen, werden Frauen sowie Ärzte, die solche Prozeduren in Polen durchführen, zu Haftstrafen von bis zu 5 Jahren verurteilt. Die Organisation Abortion Without Borders meldete vergangene Woche, dass sich seit Anfang März bereits 200 Ukrainerinnen wegen Abtreibungen an sie gewandt hätten.
Sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungen sind ein grausames Mittel der Kriegsführung und passieren oft organisiert. Das Ziel solcher Grausamkeiten ist, das soziale Gefüge in den Soldatentruppen der Gegner und somit eine Demoralisierung der gegnerischen Truppen herbeizuführen. Den Männern an der Front soll dadurch vermittelt werden, dass sie nicht in der Lage sind, ihre „eigenen“ Frauen und Kinder zu schützen, während sie im Schützengraben liegen.
Seit Jahren gibt es anonyme Gruppen von Aktivist*innen, die Polinnen und in jüngster Zeit Ukrainerinnen, die nach Polen geflüchtet sind, die Möglichkeit geben, für eine sichere und legale Abtreibung ins Ausland zu fahren. Die Frauen werden dort untersucht und informiert sowie moralisch und emotional unterstützt.
Alle diese Organisationen sind NGOs und finanzieren sich durch Spenden. Wer sich näher zu dem Thema informieren möchte und sie unterstützen will, kann dies auf den folgenden Websites tun:

Ciocia Czesia ist die Anlaufstelle in Tschechien.
https://ciociaczesia.pl/
Ciocia Wienia ist eine Schwesternorganisation in Wien.
https://ciociawienia.net/de#about
In Berlin operiert die Organisation Ciocia Basia
https://www.facebook.com/ciociabasiaberlin

Ich bin Isa. Irgendwann Mitte der 1990er Jahre in Wien geboren, habe ich vor einigen Jahren beschlossen, nach Griechenland zu ziehen, wo ich u.a. als Übersetzerin und Texterin tätig bin.