Ich bin Luca

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Wir freuen uns eine neue Autorin auf meintestgelände zu begrüßen. In ihrem ersten Text schreibt Luca über den Namen Luca. Wie sie als Kind damit aufgewachsen ist, immer für einen Jungen gehalten zu werden, wie scih immer mehr Selbstzweifel in ihr Leben geschlcihen haben und wie sie sich selbst so akzeptiert hat wie und wer sie ist.

Mein Name ist Luca und ich bin biologisch gesehen eine Frau. Diese zwei Tatsachen zusammen haben mich in meinem bisherigen Leben eine Menge Energie, Frustration, Diskriminierung und Rechtfertigung gekostet. Ich fange mal von vorne an…

Mein vollständiger Name ist Luca Marei Wiche, für ein paar wenige ein ganz normaler Name, für die meisten anderen nicht. Warum? „Luca ist doch ein „Männername“. Bereits in der Grundschule kamen oftmals Beleidigungen auf, von wegen „Du Junge“ oder die ständige Frage „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“, dazu kam noch, dass ich tatsächlich mein ganzes Leben lang schon kurze Haare trage und bereits als kleines Kind angefangen habe Fußball zu spielen, Skateboard zu fahren und halt Sachen zu machen, „die Mädchen normalerweise nicht tun“. Nicht die besten Voraussetzungen als Mädchen mit diesem Vornamen. „Du bist ein Junge, weil du Luca heißt und Fußball spielst!“ Die Jungen aus meiner Klasse haben angefangen mich auszuschließen, nicht mehr mit mir zu reden, weil ich besser gespielt habe als manch andere „echte“ Jungen, bis hin zu körperlicher Gewalt mir gegenüber. Doch nicht nur in der Schule war das alles ein Problem, sondern auch bei Ärzt*innen, als Herr Wiche aufgerufen zu werden und nachdem ich darauf aufmerksam gemacht habe, keine Korrektur des Fehlers oder ein „oh, tut mir leid“ als Antwort zu bekom-men, sondern einen verwirrten Blick mit der Aussage dahinter „Das kann doch nicht sein?!“. Mein ganzes Leben hatte ich Angst vor solchen Momenten, egal ob bei Ärzt*innen, auf dem Amt oder in Restaurants mit der Frage „und was möchte der junge Herr?“.
Und weiter ging es mit verwirrten Blicken, abwertenden Bemerkungen und Diskriminierung jeglicher Art. Beispielsweise von einem Vorgesetzten auf der Arbeit die Frage, ob ich trans* sei, beim Feiern die Aussage „du bist eh lesbisch und bekommst keinen Typen ab“. Doch wieso mischen sich die Leute ein? Wieso gibt es diese Stereotype und Schubladen, in die ich auch noch perfekt reinpasse? Ihr müsst wissen, dass ich mich nicht sonderlich „weiblich“ kleide, das heißt ich trage weite Hosen, Shirts, Hemden und Pullis, meistens aus SecondHand-Läden.
Jede Person ist individuell und alle wollen anders sein und sich vom Rest unterscheiden. Was nicht zusammen passt, ist, dass keine beziehungsweise wenig Akzeptanz gegenüber allem besteht, was von der Norm abweicht. Das hat mir einen Großteil meines Selbstbewusstseins und meines Selbstwertgefühls genommen. Die Frage, wieso muss ich so sein, wie ich bin? Wieso kann ich nicht den Standards und Klischees einer „normalen“ Frau entsprechen. Wieso muss ich von den Erwartungen und Normen abweichen, die bestehen. Viel Verzweiflung war und ist in mir. Der Wille und die Versuchung mich zu ändern ist aufgekommen, doch nie habe ich mich in diesen Veränderungen wohl gefühlt. Schlimm für mich im Nachhinein zu sehen, was diese ganzen Worte, Bemerkungen und Kommentare in mir ausgelöst haben.
Die ständige Angst, die mein ganzes Leben besteht und mich heute immer noch prägt als Junge oder Mann verwechselt zu werden. Das beeinflusst mich ziemlich sehr, so, dass ich mir selbst schon die kurz davor war mich mit jeglichen oder keinen gendern zu identifizieren, weil ich keine Energie mehr aufbringen möchte mich zu rechtfertigen und andere Menschen aufzuklären, die nicht offen „für so etwas“ sind. Ist das bescheuert? Irgendwie schon, irgendwie auch nicht. Ich denke irgendwo ist es Verzweiflung. Nur aufgrund eines Namens, der in der Gesellschaft als männlicher Vorname angesehen wird. Viele Menschen sehen nicht richtig hin, sie sehen weg.
Selbstzweifel, Unsicherheit, Komplexe, Unwohlsein bis zu diesem einen Zeitpunkt. Der Zeitpunkt, an dem ich diesen einen Menschen traf. Der Mensch, der mir dabei geholfen hat, anzufangen an mich zu glauben, mir dabei geholfen hat, dass ich selbst an mich glauben kann, dass ich wundervoll bin, weil ich ICH bin. Mir beigebracht, dass es keine Kategorien geben muss, dass wir alle Menschen sind, dass nichts anderes zählt. Und daran glaube ich aus tiefstem Herzen. Ich habe angefangen mich selbst zu lieben und stolz auf mich zu sein. Jahre hat es gedauert mich selbst zu akzeptieren und mich so zu zeigen, wie ich wirklich bin und mich in meiner Haut wohlfühle. Heute kann ich sagen, dass ich einfach ich bin und dass ich niemals mehr nicht ich sein möchte. Aber dort hinzukommen, wo ich heute stehe, war anstrengend, schmerzhaft und langwierig. Und trotz allem auch schöne Seiten! Anerkennung durch Leute, die mich verstanden haben und unterstützt haben, verteidigt. Bei denen ich mich öffnen konnte.

Heute trage ich mit Stolz die Pronomen sie/Luca und stehe zu mir!

Hallo, ich bin Luca, 23 Jahre alt und studiere Soziale Arbeit.Starke Emotionen sind bei mir schon immer vorhanden, die ich durch das Schreiben versuche zu reflektieren.Auch in Bezug auf die Gesellschaft. Außerdem wünsche ich mir, dass jede Person auf dieser Welt genauso anerkannt wird wie er*sie ist. Dieser Ort hier ist wichtig dafür!