Menschenrechte waren ein zentraler Teil der Diskussionen rund um die WM in Katar in den letzten Wochen. Moritz lässt diese Themen in seinem Kommentar noch einmal Revue passieren und weist gleichzeitig auf Themen hin, die in der Diskussion oftmals zu kurz gekommen sind.
Toleranz endet dort, wo Intoleranz beginnt. Institutionen, Gruppen und Personen die Intolerante Positionen vertreten argumentieren oft, man solle doch tolerant ihnen gegenüber sein – Man solle gegenüber Katar tolerant sein. Doch erstens ist es nicht intolerant, etwas zu kritisieren und zweitens dürfen Aspekte der Kultur, die Menschenverachtend sind, nicht toleriert werden, egal wo und zu welchem Anlass. Tolerant kann man nur sein indem man Dinge auch nicht toleriert, das ist eine Dialektik.
Katar hat einen Equality Index von 14 von 100, allerdings bezieht sich dieser Index ausschließlich auf die rechtliche Grundlage und bezieht die öffentliche Meinung im Staat nicht mit ein. Deutschland bekommt von der Seite equaldex.com Übrigens einen Score von 85, dort wurde die öffentliche Meinung allerdings mit einberechnet.
Neben der Homophobie ist schließlich auch die Frauenrechtslage in einer erschreckenden Situation, Human Rights Watch hat Anfang 2021 einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervor geht, dass Frauen in diesem Staat dem System der ‚Vormundschaft‘ unterliegen. Frauen müssten sich durch „vom Staat durchgesetzte Regeln männlicher Vormundschaft bewegen, die ihre Chancen auf ein volles, produktives und unabhängiges Leben begrenzen“, sagte HRW-Expertin Rothna Begum. Das geht bis zum Zwang zu sexuellen Handlungen innerhalb der Ehe.
Anderen Medienberichten zufolge soll sich die Lage der Frauenrechte in den letzten Jahrzehnten dennoch verbessert haben. Es besteht keine Pflicht zu einer Kopfbedeckung, außer im medizinischen Bereich, und es besuchen zurzeit mehr Frauen in Katar Universitäten als Männer.
Das worst off der Homophobie, bzw. Intoleranz gegen die LGBTQ+ Community bisher, mit dem starken Auftakt von Khalid Salman, Botschafter der FIFA Fussball-WM 2022 in Katar, der meinte Homosexualität sei ein geistiger Schaden (‚damage in the mind‘), hat viele Menschen erreicht. Das David Beckham von Katar zum WM-Botschafter gemacht wurde, um für eine kleine finanzielle Motivation von insgesamt 150 Millionen Pfund 20 mal „This is amazing.“ zu sagen, während er von einem scheinbar propagandaartigem Set ins nächste geschickt wird, ist eher unbekannt.
Über das Debakel mit der One-Love Binde, die sowieso nur eine feige Version der Pride Flag war, wurde schon sehr viel diskutiert und die Mediale Aufmerksamkeit ist weitergezogen. Das Verbot war eigentlich die perfekte Vorlage, um mal ein Zeichen zu setzen, nachdem man ja schon die Chance auf einen Boykott verpasst hat. Insgesamt sind sich die Bemühungen für die unterdrückte Community und die deutsche Mannschaft in ihrer Leistungsfähigkeit scheinbar sehr ähnlich.
So wurde an dieser Binde jemand ganz anderes, nice try Nancy Faeser, zum Helden, denn der dänische TV-Journalisten, Jon Pagh, der von der katarischen Polizei während des Drehs gestört wird, weigerte sich dennoch die One Love Binde abzunehmen. Am Ende brach das Team die Aufzeichnungen ab, da für sie das Risiko bestand, die Situation könne weiter eskalieren. Und das ganze eine Woche nachdem ein Senderkollege von ihm den Dreh ebenfalls wegen Drohungen, die Kamera zu zerstören, abbrach.
Eine weitere Debatte die unsauber geführt wurde, ist über die Opferzahlen der Gastarbeitenden, die in Katar ums Leben gekommen sind. Die Diskussion besteht darin, die Zahlen richtig zu interpretieren. Erstmal stehen zwei große Zahlen im Raum. Nach Amnesty International sind 15.021 Nicht-Kataris zwischen den Jahren 2010 bis 2019 gestorben, diese beziehen sich auf offizielle Zahlen aus Katar. Die britische Zeitung „The Guardian“ veröffentlichte hingegen im Februar 2021 die Zahl 6751 seit der WM vergabe bis Ende 2020. Dabei bezieht sich die Recherche auf Menschen aus den Staaten Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und Sri Lanka. Dabei wurden die Zahlen von den Behörden der Herkunftsländer erfragt. Die FIFA spricht von drei und die katarische WM-Organisation von weiteren 37. Der WM-Organisation ist dabei kaum zu trauen, da diese Institution Modernster Sklaverei alles getan hat, um die Zahlreichen Arbeitenden auszunutzen und sie im Land festzusetzen. Fakt ist, das einfach jede Zahl an Arbeitstoten zu hoch ist und das sich am Ende nur noch mutmaßen lässt, wie schrecklich hoch die Zahl am Ende tatsächlich ist. Es sind schließlich zu viele.
Um ein Fazit aus meinem Medienkonsum über die WM zu ziehen, die ich natürlich außerhalb der Berichtserstattung boykottiere, muss ich sagen, dass das Thema Frauenrechte leider nicht oft thematisiert wird, nach meinem Gefühl ging es sehr viel um Homophobie, doch das Thema Misogynie und Transphobie blieben oft aus. Insgesamt wurde die Medienagenda jedoch mit Berichten über Katar übersättigt. Teilweise fielen wichtige Nachrichten hinten runter oder wurden zu arg verknappt, dabei denke ich vor allem an die Kurdischen Gebiete, die stark von der Türkei und dem Iran angegriffen wurden und an die radikalislamische Staatsgewalt im Iran generell.