Komische Feministin, Hausfrau, schwaches Geschlecht: Romy sind schon so einige Klischees begegnet. Warum das Problem Sexismus heißt, erklärt sie in ihrem Text.
Ich gehe an den Tisch meiner männlichen Mitschüler und bitte sie darum, die sexistischen Kommentare, die zu oft im Unterricht gefallen sind, zu unterlassen.
„Romy, du bist so peinlich“, erhalte ich als Reaktion. Ich laufe über den Schulhof und höre meinen Namen. Als ich mich zu den Jungs umdrehe, die ihn gerufen haben, brechen diese in Gelächter aus. „Haha, die Feministin hat uns angeschaut!“, höre ich sie zueinander sagen. Und mit einem Mal landete ich in einer Schublade, kreiert von den männlichen Mitschülern aus meiner Klasse. Eine Schublade, aus der ich mich bis heute nicht befreien konnte: „Die komische, politische Feministin“.
Ist man einmal in einer Schublade drinnen, kommt man da nicht mehr so schnell raus. Gerade als Frau ist das besonders schwierig: Man wird abgestempelt, in eine Schublade gesteckt und bleibt auch in dieser, egal wie sehr frau sich wehrt.
In meinen 17 Jahren des Lebens wurde ich schon sehr oft abgestempelt, von den verschiedensten Männern, aus den verschiedensten Gründen. Als Frau steckt man(n) einen in unterschiedliche Schubladen, die sich alle in einem großen Regal befinden: Sexismus.
All diese Schubladen basieren auf Vorurteilen, Klischees und frauenfeindlichen Weltbildern, die einige, vor allem männlich sozialisierte Personen, stets in sich tragen. Die Schubladen haben verschiedene Namen:
Da gibt es die der Frau als das „schwächere Geschlecht“. In diese wird frau gerne mal beim Sport gesteckt. Ich war gerade mal acht Jahre alt, als unser Tennislehrer uns klar machte, dass meine Mitspielerinnen und ich angeblich niemals so gut spielen würden wie die männlichen Sportler meiner Altersklasse. Als ich es ein paar Jahre später beim Boxen versuchte, landete ich in derselben Schublade: Ich solle doch lieber mit den kleinen Kindern trainieren, weil ich für die gleichaltrigen Jungen zu schwach sei.
Eine weiter Schublade, die den meisten weiblich sozialisierten Personen nur allzu bekannt vorkommt, ist die des Rollenbildes einer „Hausfrau“. Ich unterhielt mich auf einer Party mit einem Jungen meines Alters, der sich nicht für meine Hobbies und Leidenschaften zu interessieren schien. Was ihn aber sehr anregte, war die Tatsache, dass ich putzen kann, was eine seltsam ungezügelte Begeisterung in ihm auslöste. Die Schublade der „Hausfrau“ bleibt in unserer Gesellschaft wie von selbst bestehen und es wird als eine Selbstverständlichkeit angesehen, dass eine Frau putzt und den Großteil der Care-Arbeit übernimmt. Als wäre es fraglos die Aufgabe der Frau, sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern, und so entsteht eine Care-Arbeits-Gap von rund 110,6 %.
Eine Schublade, die mir gerade als junge, heranwachsende Frau, sowohl im echten Leben als auch auf Social Media sehr oft begegnet, ist die einer Frau als „sexuelles Objekt“.
Als ich in der siebten Klasse war kursierte eine Liste, die meine männlichen Mitschüler erstellt hatten. In dieser Liste wurden meine Mitschülerinnen und ich nach Aussehen und Körper bewertet und abgewertet. Und auch heute noch sieht man, besonders in den sozialen Medien, Männer, die misogyne Videos posten, in denen sie Frauen als Objekte darstellen, die nur für das sexuelle Vergnügen des anderen Geschlechts existieren. So kursieren einige Clips, in denen der Produzent des Videos seine männlichen Zuschauer beispielsweise dazu anstachelt, die Trunkenheit und damit entstehende Unzurechnungsfähigkeit einer Frau auszuschöpfen, um sie sexuell auszunutzen. Gerne verbreiten männlich sozialisierte Content Creator auch Videos, in denen sie sich auf eine frauenverachtende Art und Weise darüber beschweren, dass Frauen sich freizügig anziehen und dennoch nicht von fremden Männern angefasst werden möchten. So reagiert ein junger Mann auf das Video einer weiblichen Content Createrin, die sich gerne freizügig anzieht und sagt, es sei ihr Körper und ihre Entscheidung, mit den Worten: „Du kannst nicht sagen ‚My body my choice‘ und dann im Nachhinein sagen ‚Ich will aber nicht, dass Männer mich begrabschen‘“. Und dieser Satz repräsentiert leider die Meinung von erschreckend vielen Männern der sozialen Medien, die Frauen in die Schublade des „sexuellen Objektes“ stecken.
Diese Schubladen sind nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich. Sie unterstützen misogyne Frauenbilder und nehmen uns Frauen die Chance zu zeigen, wer wir wirklich sind, ohne dabei auf unser Geschlecht und damit einher kommende Stereotypen reduziert zu werden. Wir Frauen sind so viel mehr als unser Geschlecht und werden niemals damit aufhören, uns aus den Schubladen zu befreien.
Romy Hölzel