Romy analysiert den Sexismus der Charaktere in der Serie und ergründet, wie er in der Produktion bewusst eingebaut und versteckt wird.
„The Big Bang Theory“ ist eine der beliebtesten Comedy Serien Deutschlands. Es geht um eine Freundesgruppe, bestehend aus vier sehr schlauen Physikern, die alle Probleme beim Finden einer Lebenspartnerin haben. Das kombiniert mit eingespielten Lachern, und schon ist die Serie komplett. Bei „The Big Bang Theory“ wird einfach alles ins Lächerliche gezogen: Das Interesse für Superhelden, die Physik, und sogar der in jeder Folge vorhandene Sexismus. Und warum gerade das sehr problematisch ist, erläutere ich in meinem Artikel.
In „The Big Bang Theory“ gibt es vier männliche Protagonisten: Howard, Lennart, Raj und Sheldon. Als Studenten an einer Forschungsuniversität mit einem Faible für Comics werden die Charaktere wie die typischen „Nerds“ dargestellt: zu schlau, zu seltsam, aber irgendwie niedlich. Durch das eingespielte Gelächter der Serie nicht sofort zu erkennen ist der tiefsitzende Sexismus in jedem der Hauptcharaktere. Und dieser Sexismus sollte mehr unter die Lupe genommen werden.
Howard beispielsweise ist gerade zu Beginn der Serie als Single, aber auch im weiteren Verlauf der Serie als Ehemann ein durch und durch misogyner Charakter. Während seines Single – Lebens stalkt er gerne Frauen, er lokalisiert unter anderem auf illegalem Wege den Aufenthaltsort von Models und bringt anschließend eine Kamera in ihrem Haus an, um diese weiterhin beobachten zu können. Damit greift er in jegliche Privatsphäre der weiblich gelesenen Personen ein und er überschreitet diese Grenze nur für sein eigenes sexuelles Vergnügen. Auch als er später die Mikrobiologin Bernadette heiratet, lassen seine sexistischen Züge nicht nach: er weigert sich, seine Frau im Haushalt zu unterstützen und lässt sie die gesamte Care – Arbeit sowie alle Putzangelegenheiten erledigen, selbst wenn Bernadette ihn ausdrücklich um Hilfe bittet.
Nicht nur Howard benimmt sich enorm problematisch in der Serie, auch sein Freund Lennart zeigt deutlich, dass er trotz seiner freundlich dargestellten Seite seine feste Freundin Penny auch mal gerne als sexuelles Objekt ansieht. Das wird besonders in der vierten Folge der siebten Staffel sehr deutlich: Lennart gibt sich Penny gegenüber traurig und frustriert, um als Trost von ihr Sex zu erhalten. Er manipuliert seine eigene Freundin also emotional, um seine sexuellen Bedürfnisse zu stillen. Die Geschichte hinter der Beziehung Pennys und Lennarts ist ebenfalls sehr interessant: Sie sind erst zusammengekommen, nachdem er ihr gegenüber jahrelang aufdringlich war. Ein „Nein“ hat er nicht akzeptiert. „Romantisch“ könnte man sagen. „Belästigend“ würde ich es eher nennen.
Auch die sexistischen und grenzüberschreitenden Taten des dritten Freundes, Raj, werden in „The Big Bang Theory“ ins Lächerliche gezogen: So wird eine Szene, in welcher Raj betrunken im Café eine Frau anspricht und sich schließlich in aller Öffentlichkeit komplett auszieht, obwohl die Frau in der Szene verängstigt ist und sich eindeutig unwohl fühlt, einfach mit einem Lachen unterlegt. Auch als sich Raj mit einem Freund auf einer Dating Website anmeldet, und eine Dame mit dem Nutzernamen „Jenny209“ kennenlernt, hofft er darauf, dass „209“ nicht ihr Gewicht sei. Sein Freund Stuart bietet ihm an, Jenny gerne zu „übernehmen“, falls die Zahl ihr Gewicht darstellen sollte. Gleich zwei problematische und misogyne Aussagen innerhalb von zehn Sekunden, die durch die Produzenten als pure Comedy dargestellt werden.
Der letzte Mann der Freundesgruppe, Sheldon, wirkt auf den ersten Blick gar nicht so, als ob er frauenfeindliche Aussagen von sich geben würde. Er scheint sich nicht einmal für Frauen zu interessieren, und dennoch hört man ihn in der Serie des Öfteren durchaus sexistische Dinge sagen. So fragt er die Vorsitzende der Personalabteilung, ob sie ihre Periode habe, weil sie ja so gereizt sei. Sheldon ist außerdem der festen Überzeugung, Männer seien besser als Frauen, wie er in der ersten Folge der neunten Staffel von sich gibt. „Willst du noch einen Grund hören, warum Männer besser als Frauen sind? […] weil du ein Mann bist, der Champagner unter den Geschlechtern“, sind seine genauen Worte.
Aber wie kann es sein, dass die Zuschauer:innen in jeder Folge sexistischen und misogynen Witzen und Aussagen begegnen, ohne, dass es ihnen direkt auffällt?
Die Antworten ist recht simpel: Die Produzenten der Serie, Chuck Lorre und Bill Prady schaffen es, Mitleid gegenüber den Protagonisten zu erregen, wenn diese mal auf ihr frauenfeindliches Verhalten hingewiesen werden. Das geschieht beispielsweise durch traurige Musik oder dem Wegbleiben von eingespieltem Gelächter. Man sympathisiert daraufhin automatisch mit den männlichen Charakteren, obwohl es absolut richtig und wichtig war, dass diese auf ihren tiefsitzenden Sexismus hingewiesen werden.
Außerdem spielt es eine Rolle, wie die vier Freunde dargestellt werden: sie sind nun einmal nicht die „typischen Machos“, von denen wir als Gesellschaft solch misogynes Verhalten erwarten. Sie werden dargestellt als niedliche und irgendwie bemitleidenswerte „Nerds“, denen Charaktereigenschaften wie Sexismus nicht direkt zugeordnet werden. Durch die stetig eingespielten Lacher in jeder Szene wird der Sequenz die Ernsthaftigkeit genommen und die Frauenfeindlichkeit wird in Humor verpackt, sodass man diese zunächst gar nicht kritisieren möchte oder kann.
„The Big Bang Theory“ ist als Serie so problematisch, weil sie sich über ernsthafte Themen lustig macht, die einfach nicht ins Lächerliche gezogen oder als Witz dargestellt werden sollten.
Sexuelle Belästigung, Stalking, Manipulation von Frauen und stereotypische Rollenbilder wie die „Hausfrau“ sind kein Witz. Für uns Frauen ist das die harte Realität.