Nein heißt Nein, eigentlich eine ganz einfache Regel. Doch wie Romy in ihrem neuen Text zeigt, ist diese wohl nicht für alle so leicht zu verstehen.
„Nein“ ist ein mächtiges Wort, dass umgehend respektiert und akzeptiert werden muss, dass sollte jedem bewusst sein. Doch wie sich in den letzten Wochen herausstellte, ist das nicht jedem bewusst. Oder besser gesagt, manchen ist es einfach egal. Und was für ein Gefühl die grenzüberschreitende Ignorierung eines „Neins“ in einem auslösen kann, erzähle ich in diesem Artikel, anhand meiner eigenen Geschichten. Nicht nur anhand meiner Geschichten, unserer Geschichten. Und ziemlich sicher auch anhand der Geschichten sehr vieler jungen Frauen.
Bis vor ein paar Tagen dachte ich noch, ich hätte diese mehrfach vorkommenden Belästigungen, die meine Freundinnen und ich im Club erlebten, gut verarbeitet. Wie sich aber nun herausstellt, habe ich das nicht. Dieses Wochenende bin ich zu einer Party mit über einhundert Gästen eingeladen, fremden Gästen, und der Gedanke an einen engen Raum mit so vielen Fremden löst ein starkes Gefühl von Unruhe in mir aus. Ich merke mehr und mehr, wie die verdrängten Situationen und die damit verdrängte Angst in mir hochsteigt. Die Angst, dass sowas noch einmal passiert. Etwas, das in den vergangenen Nächten des Feierns mehrmals geschehen ist.
Ein paar männlich sozialisierte Personen waren in den Clubnächten wohl der Meinung, sie hätten mit der Eintrittskarte auch eine Lizenz zum Anfassen und Bedrängen gekauft, denn genau das machte den Eindruck. Nachdem meine Freundinnen und ich im Club mehrfach von demselben männlichen Besucher belästigt wurden, der uns auch nach einem wiederholten „Nein“ und deutlicher Ablehnung nicht in Ruhe lassen wollte, wurde dieser zum Glück, nachdem ich den Türsteher darum gebeten hatte, direkt aus dem Club befördert. Die Gefahr war weg, könnte man meinen. Doch obwohl die physische Präsenz dieser Person nicht mehr vorhanden war, so merkte man doch, dass dieser Vorfall Spuren hinterlassen hatte. Diese Situation löste ein unglaubliches Gefühl von Ohnmacht aus. Wenn unsere Worte, unser deutliches „Nein“ keinerlei Einfluss auf das Handeln von diesem männlichen Besucher hatten, was braucht es dann? Unseren Worten wurde jegliche Macht genommen, so fühlte es sich zumindest an, als der Mann sich dazu entschied, trotz unserer Ablehnung bei uns zu bleiben und uns weiterhin zu bedrängen. Und wenn man merkt, wie machtlos man in dieser Situation ist, ist das Gefühl von Ohnmacht unbeschreiblich schrecklich. Auch lange nach dem Vorfall war die Furcht nicht verschwunden.
„Was, wenn er vor dem Gebäude darauf wartet, dass wir nach Hause gehen und uns verfolgt oder abfängt?“, ist eine leider berechtigte Frage, die wir uns stellten. Als wir das Gebäude verließen, war von dem Mann glücklicherweise keine Spur.
Die Nacht war noch jung, also ging es in den nächsten Club. Aber auch hier schienen einige männliche Besucher der Meinung zu sein, sie hätten einen Streichelzoo betreten, in dem sie alles und jeden anfassen und berühren dürfen, wie es ihnen gerade passt. So spürte ich mehrmals fremde Hände, die plötzlich meinen Arm streichelten oder sich an meiner Taille befanden, nachdem ich den besagten
Besuchern zuvor sehr deutlich meine Ablehnung durch ein Rückenzukehren, Kopfschütteln oder ein „Nein, ich will nicht mit dir tanzen“ symbolisiert hatte. Obwohl diese Gesten und Worte klar genug waren, sahen sich die männlich sozialisierten Personen dennoch im Recht, meinen Körper zu berühren. Man habe mir ja einen Shot ausgeben dürfen, also wäre ich einem doch mindestens ein kurzes Anfassen meines eigenen Körpers schuldig, obwohl ich danach „Nein“ gesagt hatte, meinte wohl der junge Mann, dessen Hände sich für einige Sekunden lang ungefragt an meiner Taille befanden. Und dass, nachdem ich mich für den Shot bedankte aber sofort klar machte, dass ich nicht mit ihm tanzen möchte und sich unsere Wege nun trennen sollten. Sich von jemandem etwas spendieren lassen bedeutet nicht, dass man dieser Person etwas schuldet. Dennoch sah er sich im Recht, mich anzufassen. Was diese Berührungen mit mir machten, war für ihn dabei ohne Bedeutung. Wichtig für ihn war nur, dass er bekam, was ihm seiner Meinung nach zustand.
Diese Situation nach einigen Sekunden vergessen, wendete er sich von mir ab, ohne noch einen Gedanken daran zu verschwenden. Währenddessen stand ich da, perplex über das, was gerade passiert ist. Es war doch nur eine kurze und kleine Berührung, könnte man meinen. Aber diese Berührung war auf meinem eigenen Körper. Mann hat Hände auf meinen Körper gelegt, obwohl ich es sehr deutlich gemacht hatte, dass ich diese dort nicht haben wollte, mann hat sich das Recht genommen, mich anzufassen, als wäre ich eine Ware im Supermarkt, die mann sich aussucht und in den Einkaufswagen packt. Wenn ich jetzt an diese Situationen denke, an diese Männer, an diese Berührungen, dann steigen sowohl eine Welle von Unwohlsein und Ekel als auch pure Angst in mir hoch. Angst, dass ich beim nächsten Clubbesuch erneut ungefragten Berührungen ausgesetzt bin. Angst, dass erneut jemand Anspruch auf meinen eigenen Körper erhebt, um diesen anzufassen. Das ist mein Körper. Er gehört mir, und mir allein. Und absoluter keiner hat die Befugnis oder das Anrecht auf diesen Körper.
Ich möchte nicht, dass so etwas meinen Freundinnen, anderen Besucherinnen oder mir jemals wieder passiert. Wir sind keine Waren im Supermarkt, wir sind Menschen, wir sind Frauen mit dem Recht „Nein“ zu sagen. Ein „Nein“ ist Antwort genug. Ein „Nein“ reicht aus. Das muss es.