Unsere Autorin Clara verbrachte sechs Monate auf einem Segelschiff. Während dieser Zeit hat sie viele Eindrücke sammeln können, die wir heute im zweiten Teil ihrer Geschichte lesen dürfen.
Die kommende Zeit war besonders spannend. Erstmal haben wir einige Tage nach Ablegen Weihnachten gefeiert. In Weihnachtsstimmung zu kommen, während man bei 33° auf das Meer blickt, ist ein wenig schwierig. Trotzdem haben wir natürlich gefeiert mit Wichteln, großem Weihnachtsessen und sogar einem kleinen Plastikweihnachtsbaum. Eine einmalige Erfahrung!
Einige Tage später sind wir dann in Panama angekommen. Genauer gesagt in Kuna Yala. So heißt das Gebiet, das den Kuna, einem indigenen Volk, gehört, eine Inselgruppe vor der Küste Panamas. Dort haben wir wieder Schnobataso in vollen Zügen genossen. Sehr abenteuerlustig begann dann unsere Reise durch den Urwald. Geschlafen haben wir in einem Camp, was man aber bitte nicht mit dem Dschungelcamp verwechseln sollte. Die Tage wurden von langen Wanderungen durch den Regenwald bestimmt, dessen Landschaft und Tierwelt wir wenigstens ein bisschen kennenlernen durften. Natürlich reichen ein paar Tage dafür allerdings nicht aus. Immerhin habe ich dort aber Tiere gesehen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Grundsatz war: Egal was du tust, schau vorher nach, ob du Skorpione, Spinnen oder Insekten siehst. Besonders Schuhe und Kleidung waren ein beliebter Ort für die Kleintiere zum Übernachten, was nicht selten zu überraschtem Gekreische führte. Aber auch daran gewöhnt man sich natürlich schnell. Der Abschied fiel uns dementsprechend schwer. Aber wir wussten ja, dass es gleich spannend weitergeht.
Als nächste Station war Panama City geplant. Dahin kamen wir in einem grellbunten alten Bus, von uns auch „Partybus“ genannt. Bei der Ankunft war ich erstmal sprachlos. Ich war noch nie in einer so bunten, so lebhaften, so vielfältigen Stadt. Panama City ist die Hauptstadt Panamas und dort leben 1,5 Millionen Menschen. Wie sie leben, ist jedoch komplett unterschiedlich. Während wir an einem Tag die von Touristen gut besuchte Altstadt besichtigt haben und dabei beobachtet haben, wie ein 200m langes Schiff durch den Panama-Kanal geschleust wurde, sind wir an einem anderen Tag durch die Slums der Hauptstadt durchgefahren. Heruntergekommene Hochhäuser, in denen große Familien in winzigen Wohnungen wohnen. Auch eine andere Erfahrung, als man sie in Deutschland machen könnte.
Ich habe Panama City als eine Stadt mit unheimlich vielen Facetten in Erinnerung. Der Kulturschock, der uns schon auf Grenada erreicht hat, war in Panama natürlich ebenso da. Dementsprechend angenehm war es für uns wieder, nach einigen Tagen in der lauten Großstadt nach Boquete, eine Kleinstadt in den Bergen, zu fahren. Wieder waren wir in Gastfamilien. Gar nicht einfach, mit denen zu kommunizieren, wenn man Spanisch nicht in der Schule lernt. Aber dafür haben wir eine Woche die Sprachschule besucht. Unterricht in Boquete von Lehrern, die nur Spanisch sprechen. Effektivere fünf Lerntage habe ich noch nicht erlebt. Am Wochenende ging es dann auf den Baru. Das ist mit 3475m Höhe der höchste Berg Panamas und man kann vom Gipfel aus die Pazifik und den Atlantik sehen. Dafür war das auch eine anstrengende Wanderung. Am ersten Tag ging es los und wir sind den ganzen Tag bis auf eine Plattform kurz unter dem Gipfel gewandert. Dort haben wir in Zelten übernachtet – tierisch kalt übrigens – und sind am nächsten Morgen pünktlich zum Sonnenaufgang nach ganz oben gelaufen. Das Bild dieses Sonnenaufganges ist immer noch in meinem Kopf, wie die Sonne über dem Meer auftaucht und die Berge in ein rotes Licht taucht. Beeindruckend. Doch auch der Moment des Triumphes, endlich den Gipfel erreicht zu haben, währte nicht lange, da wir wieder ins Tal mussten, um den Bus zu unseren Gastfamilien zu erreichen.
Am nächsten Tag ging es wieder weiter. Nächste Station: Die Naso, ebenfalls ein indigenes Volk. Bis zu ihrem Dorf kamen wir nur mit Einbäumen, aber das hört sich jetzt traditioneller an, als es war. Wir waren alle etwas überrascht, als die Nasos plötzlich den Motor angeschaltet haben und unsere Einbäume stark beschleunigt über den Fluss Teribe flitzten. Ähnlich sah es dort auch aus. Untergebracht waren wir in Holzhütten, das also noch alles ganz urtümlich. Als wir uns allerdings eingerichtet hatten und zum Essen kamen, sahen wir die kleinen Naso-Kinder auch zum Teil an Smartphones. Also doch nicht ganz so frei von Technik… Es war natürlich trotzdem eine total neue Erfahrung, deren Alltag mitzubekommen. Kakao selbst machen, also wirklich aus Kakaobohnen, Fußball spielen gegen deren Team, Wanderungen durch den Urwald… Aber mit unserem Aufenthalt dort ging auch unser Aufenthalt in Panama zu Ende.
Unser erster richtig langer Landaufenthalt, deshalb war die Freude natürlich auch riesig, alle wiederzusehen, die an Bord geblieben sind. Und klar – endlich wieder auf der Thor zu wohnen. Also ging es weiter. Jetzt Kurs auf Kuba. Das war eine entspannte Etappe! Keine Stürme, kein Böenalarm, einfach nur Segeln. Ich höre die Maschine brummen und seufze. Tja, so funktioniert das leider gerade nicht. Aber vor Kuba schon. Ich erinnere mich noch an so viele Stunden, in denen wir alle gemeinsam versucht haben, das Schiff auf Vordermann zu bringen, damit wir den Hygienestandards von Kuba entsprechen und einreisen dürfen. Hat dann zum Glück auch geklappt. Erste Station: Maria la Gorda. Nach einigen Tagen Erholung fing unsere Erkundungstour durch Kuba an. Und womit geht das am besten? Mit dem Fahrrad. Also machten wir alle unsere Fahrräder startbereit und konnten bald aufbrechen.
So eine schöne Landschaft, die ich da gesehen hab… Alles grün, viele Tabakplantagen, immer Sonne. Aber auf dem Weg haben wir auch schon das erste Mal etwas von der Politik mitbekommen; Bilder von Che Guevara oder „Miami Five“ waren nicht selten an Hauswänden zu sehen. Ziemlich ungewohnt, aber auch eine spannende Erfahrung. Nach einigen Tagen sind wir dann in Vinales angekommen. Unser Mittagessen war relativ einseitig, aber beliebt: Sowohl den ganzen Weg über, als auch in der kleinen Stadt gab es nur „Peso-Pizza“. Das ist eine ganz normale, wenn auch relativ fettige Pizza, die aber nur einige Pesos, also Centbeträge kostet. Daher auch der Name. Die Reaktion darauf war unterschiedlich: Während einige immer noch sagen, sie hätten zwischendurch mal Lust auf eine Peso-Pizza, bin ich ganz zufrieden so mit dem Essen auf der Thor. Von Vinales aus planten wir auch schon unsere Kleingruppenexkursionen. Unsere Unterbringungen, die so genannten „Casas particulares“, konnte man nämlich natürlich nicht an Bord reservieren. Zum Glück waren wir aber alle pünktlich genug und haben einen Schlafplatz gefunden. Es mussten ja immer nur 7 Leute untergebracht werden und nicht 34. Es gab nämlich 5 Kleingruppen aus 6 oder 7 Schülern mit jeweils einem Lehrer, die sich eine Stadt auf Kuba ausgesucht hatten, die sie auf eigene Faust entdecken wollten. Dafür wurde vorher ein Programm in der Stadt erarbeitet, die Anfahrt wurde geklärt, mögliche „Casas particulares“ herausgesucht und ein Kostenvoranschlag eingereicht. Glücklicherweise waren wir am Ende viel billiger unterwegs, als wir es anhand des Reiseführers geplant hatten. Touristenbusse wurden gestrichen und durch LKWs ersetzt, die völlig überfüllt vor allem Einheimische von einem Ort zum anderen transportieren. Das war schließlich der Plan, das Land aus der Perspektive der Kubaner zu entdecken. Auch Museen waren im Nachhinein definitiv billiger, als es im Reiseführer stand.
Meine Gruppe war in Santiago de Cuba. Mit einem Lächeln denke ich an die Stimmung zurück. Die Bewohner sind freundlich und überall auf der Straße ist man von Musik und Tanz umgeben. Die Landschaft war sowieso wunderschön, blaues Meer und überall grün. Immer noch meine Lieblingsstadt. Nach sieben Tagen, die erstaunlich schnell vergangen waren, kam dann der letzte Programmpunkt unseres Kubaaufenthaltes: Havanna bzw. La Habana, die Hauptstadt. Noch einmal ein völlig anderer Eindruck. Überall Hochhäuser, bis direkt an das Meer, volle Straßen, riesige Märkte mit Souvenirs. Außerdem hatte jedes Hochhaus ein begehbares Dach, von dem aus der Blick über die Stadt besonders schön war. Unvergessliche Stunden! Wenige Tage später ging es zurück auf die Thor. Wieder ein Gefühl, wie nach Hause zu kommen. Jeder zog wieder in seine Kammer ein, räumte seine Fächer voll und hängte die Fotos von Zuhause auf. Dann legten wir ab und die nächste Seeetappe lag vor uns.
Mehr dazu:
- Den ersten Teil von Claras Geschichte findet ihr hier.
- In diesem Text erfahrt ihr, wie Lilith die Zeit nach der Schule geplant hat.