Es ist 2021 

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Beim #gelände19 war unsere Autorin Celine im Poetry Slam-Workshop dabei — und hat sich in ihrem Text „Es war 2011“ mit den Erfahrungen sexualisierter Gewalt, die sie machen musste, auseinandergesetzt. Inzwischen hat sie ihren Stiefvater angezeigt und momentan läuft der Prozess. Celine schreibt darüber, und heute lest ihr den ersten Teil. Wir wünschen Celine viel Kraft für diese Zeit!

Mein Handy leuchtete auf… Eine E-Mail von meiner Rechtsanwältin: „Sehr geehrte Frau Celine Senses.“ Ich stand da mit komplett gemischten Gefühlen und dachte mir: Wow … nach über einem Jahr bekomme ich eine endlich DIE E-Mail… „Ich freue mich Ihnen mitteilen zu können“, oh mein Herz klopfte so unfassbar schnell… „Ihnen mitteilen zu können, dass die Staatsanwaltschaft Anklagen gegen IHN erhoben hat.“ Mein Herz stand für einen kurzen Moment still… „Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft Ihren Aussagen vollumfänglich Glauben schenkt…“ stand in der nächsten Zeile.

Ihr wisst nicht wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe, ich hatte fast schon aufgegeben, aber nur fast. * lächeln*

Es wird eine Hauptverhandlung geben, aber wann, das wusste man noch nicht… GEDANKEN SCHOSSEN MIR IN DEN KOPF, GEFÜHLE SPIELTEN VERRÜCKT UND ALLES WAS ICH MACHEN KONNTE WAR ES, DIE WORTE AUF PAPIER ZU BRINGEN… Und das habe ich getan ….

Du bist ungefragt ein Teil meines Lebens geworden, und dazu hast du auch noch mein ganzes Leben verändert, NEGATIV.  Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hast du auch mich verändert. Und dass ich hier über dich schreibe hat nur einen Grund, nach all dem hier fang ich neu an.  Das hier sind meine letzten Worte an dich…

Du bist der Grund für all die Leere, die ich spüre.

Du bist der Grund, warum ich nachts Alpträume habe.

Du bist der Grund für all die Angst, die mich und mein Leben zerstört hat, aber hey, immerhin nur zum Teil.

Und genauso bist du auch schuld daran, dass ich schöne Dinge mit schönen Menschen nicht erleben konnte.

Du bist schuld für all die Zweifel, für all das Misstrauen, das ich gegenüber Menschen habe und haben werde.

Du bist schuld daran, dass Leute denken, meine Aura sei aggressiv.

Du bist schuld daran, dass ich den Mann, den ich liebe, nicht richtig lieben kann.

Du bist schuld daran, dass ich körperliche Nähe ekelhaft finde.

Das Warten, die Gefühle und die Gedanken brachten es soweit, dass ich jetzt wieder alleine bin… weil ich nicht richtig lieben kann.

Ja, du bist schuld daran.

Ich hoffe, dass du dir dieser Schuld dein Leben lang bewusst bist.

Ein altes Sprichwort besagt: „Tränen kehren eines Tages zu ihrem Verursacher zurück.“

Das hattest du mir immer gesagt, wenn ich traurig über irgendwen war oder wenn jemand meine Gefühle verletzt hatte… Witzig, oder?

Du als Person bist die Täuschung selbst, so falsch und feige, so  kalt und so verletzend… ich weiß noch wie du immer gesagt: „Familie ist alles“. Du hast Familie nicht verdient.

Das, was du verdienst, ist die Dunkelheit. Keine Sonne und nie wieder Regen und auch keinen Wind. So wirst du herausfinden, wie mich gefühlt habe.

Glaub mir, die Dunkelheit ist schlimmer als du denkst, wenn du den Lichtschalter nicht findest. Dein Ende wird irgendwann Dunkelheit sein, ohne einen einzigen Lichtschalter, du wirst spüren, wie unglaublich groß die Dunkelheit sein kann, und du wirst spüren, was die Dunkelheit mit einem machen kann!

Ich könnte Ewigkeiten darüber schreiben wie grausam das alles ist, und was du angerichtet hast, in meiner Familie… Aber das wird mir hier zu lang…

Ich mache hier jetzt ein Stopp, denn in meinem Kopf ist nur noch viel Schrott…

Wollte euch nur sagen habe gelernt wieder NEIN zu sagen! Ich bin eine, eine von 8 Milliarden Menschen und erzähle hier meine Geschichte, diese eine von vielen Geschichten.

DANKE.

Mehr dazu:

  • In diesem Text schreibt unsere Autorin Fee über das Thema sexualisierte Gewalt.

Hi alle zusammen, mein Name ist Celine Grace Senses. Ich komme aus Wiesbaden und bin sehr froh auf meinTestgelände mit dabei zu sein. Hier schreibe ich Texte über das was mich beschäftigt oder über das was ich fühle denn hier kann ich das am besten.